Klinische Grenzwerte

Tierspezifische klinische Grenzwerte im Rahmen einer anerkannten Norm stehen derzeit nur in den CLSI-VET-Dokumenten zur Verfügung. Allerdings fehlen für einige benötigte Erreger/Wirkstoff/Tierart/Organsystem-Kombinationen spezifische Grenzwerte. In diesen Fällen kann zunächst auf humanmedizinische Grenzwerte der gleichen Norm zurückgegriffen werden. Werden in Ermangelung entsprechender spezifischer Werte nicht tier- und organspezifische Grenzwerte herangezogen, ist dies bei der Auswahl eines Antibiotikums für den therapeutischen Einsatz besonders zu berücksichtigen. Verbesserungen sind daher auf diesem Gebiet dringend erforderlich, um sowohl den Laboratorien als auch den behandelnden Tierärzten valide Bewertungskriterien zur Verfügung zu stellen.

Erarbeitung neuer klinischer Grenzwerte

Die Erarbeitung neuer klinischer Bewertungskriterien ist sehr umfangreich und kostenintensiv und erfordert mindestens: (i) die Erhebung pharmakologischer Daten zu dem Wirkstoff und die Pharmakokinetik der in Frage stehenden Formulierung und der am Infektionsort erreichbaren und verfügbaren Wirkstoffkonzentrationen, (ii) die Bestimmung von MHK-Werten der potentiell zu bekämpfenden Erreger und (iii) klinische Wirksamkeitsstudien, die aus in-vitro-Versuchen abgeleiteten Annahmen (PK-PD Analyse) in-vivo absichern sollen. Die Bewertung und Festlegung von Grenzwerten erfolgt auf Basis derartiger Studien und wird vom VAST-CLSI vorgenommen. Allgemeine Überlegungen zu dieser Problematik wurden vom Arbeitskreis in Kietzmann et al. (2004) veröffentlicht.

Durch den Arbeitskreis wurde ebenfalls versucht, aus in der Literatur verfügbaren Angaben Grenzwerte abzuleiten. Literatursuchen führten jedoch nur in sehr wenigen Fällen zu erfolgversprechenden Daten. Eine Ausnahme waren die Daten zu Amoxicillin, aus denen die Erarbeitung klinischer Grenzwerte für den Einsatz von Amoxicillin bei Atemwegsinfektionen von Schweinen erfolgte. Die vom Arbeitskreis erarbeiteten Grenzwerte wurden publiziert, vom VAST-CLSI anerkannt und in die entsprechenden Dokumente übernommen (Schwarz et al., 2008; Schwarz et al., 2009).

Im Jahr 2015 wurde vom European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing (EUCAST) ein Subkommittee gegründet, das europäische Standards auch für die Veterinärmedizin erarbeiten und zur Verfügung stellen soll
(VetCAST - the veterinary committee on antimicrobial susceptibility testing). Allerdings sind bislang von diesem Gremium noch keine Vorschläge für Grenzwerte vorgelegt worden.